Ein wichtiges Urteil zum Einsatz von "brauchbaren Jagdhunden" hat das Verwaltungsgericht in Schleswig Holstein gefällt.
Für einen ehemaligen Vizepräsidenten eines Landesjagdverbandes war das ein tiefer Fall! Der erfahrene Jäger und Gutsherr Hans-Werner B. aus Ostholstein hatte das getan, was er nach eigenen Aussagen immer schon so getan hat – und verlor dadurch Jagdschein und Waffenbesitzkarte. Die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Schleswig-Holstein hatte den Widerspruch von Jäger B. nun zurückgewiesen und in der Begründung dieser Entscheidung (Az 7 B 11/20) Maßstäbe gesetzt, die auch für andere Verfahren und Vergehen rund um die Jagd von weitreichender Bedeutung sein werden.
Der Fall
Im Kern des Streitfalls stand eine revierübergreifende Ansitz-Drückjagd bei der Hans-Werner B. Jagdleiter war. Nach deren Ende wurde bekannt, dass zwei Stück Schwarzwild krankgeschossen worden waren. Statt unverzüglich eine fachgerechte Nachsuche zu organisieren, passierte erst mal – nichts. Am nächsten Tag versuchte sich der altgediente Jäger an einer Nachsuche mit seiner KIM-Hündin. Diese „Nachsuche“ blieb aus einer Reihe von Gründen erfolglos, nicht nur hatte die junge Hündin gar keine erforderlichen Prüfungen um als „brauchbarer Jagdhund“ nach den Bestimmungen des Landesjagdgesetzes zu gelten. Das kranke Stück war auch in das Nachbarrevier gewechselt, mit dem Jagdleiter B. keine Wildfolge vereinbart hatte und deren Revierinhaber auch nicht von notwendigem Nachsuchen informiert worden war. Eine der krankgeschossenen Sauen konnte somit nicht von ihren Leiden erlöst werden. Die andere, laufkranke Sau wurde erst nach Tagen gefunden und erlegt.
Das Gericht unterstreicht, dass die gesamte Drückjagd, für die B. als Jagdleiter verantwortlich war, ohne die Bereitstellung einer ausreichenden Zahl an Nachsuchenführern mit ihren geprüften Hunden gar nicht erst hätte stattfinden dürfen. Und spätestens nach dem Ende der Jagd hätte B. unverzüglich ein anerkanntes Nachsuchengespann für den Folgetag organisieren müssen. Tatsächlich waren neben der jungen Hündin des Jagdleiters am Jagdtag aber nur ein – nach rechtlichen Maßstäben – unbrauchbarer Labrador, ein unbrauchbarer Jack-Russel Terrier und ein unbrauchbarer KIM Rüde dabei. Und die Ausführungen von Hans-Werner B. bestärkten das Gericht eher in seiner Einschätzung: B. gab an, dass er seine, nicht über die erforderliche Prüfung verfügende Hündin auch schon früher bei schwierigen Nachsuchen eingesetzt und dies auch nach dem Vorfall mehrfach getan hatte.
Die Begründung des Gerichts
In seiner Begründung macht die 7. Kammer des VwG Schleswig-Holstein einige grundsätzliche Feststellungen:
- Die im Landesjagdgesetz vorgeschriebenen Prüfungen machen aus einem Jagdhund einen „brauchbaren“ Jagdhund, nicht der angebliche Einsatz im Jagdgebrauch.
- Das öffentliche Interesse an der Ahndung von schwerwiegenden und tierschutzrelevanten Verstößen und damit dem sofortigen Entzug des Jagdscheins und der Waffenbesitzkarte ist höher einzustufen als das private Interesse eines Jägers erst einmal den Abschluss eines Hauptsacheverfahrens über mehrere Instanzen hinweg abzuwarten.
- Und schließlich ist es nicht ausschlaggebend, ob ein Jäger in einem Strafverfahren rechtskräftig verurteilt wurde, ja nicht mal, ob er tatsächlich im Rahmen einer Ordnungswidrigkeit ein Bußgeld zahlen musste.
Entscheidend ist, so das Gericht, ob ein Jäger „gröblich“ oder wiederholt gegen die „allgemein anerkannten Grundsätze deutscher Jagdgerechtigkeit“ verstößt.Damit ist dem schludrigen Gewohnheitsrecht, wie es sich immer weiter breit zu machen scheint vom VwG Schleswig-Holstein ganz deutlich Einhalt geboten. Einerseits führt das Gericht aus, dass es im öffentlichen Interesse ist, Personen die Jagdausübung zu verbieten, wenn sie „den Geboten des Tierschutzes und der Wildhege“ zuwiderhandeln. Das ist bei der schlampig organisierten Drückjagd im Ostholsteinischen, ohne Vorsorge zur sachgemäßen Nachsuche, eindeutig der Fall gewesen. Und andererseits stellt das Gericht klar: Wer immer wieder und „gröblich“ gegen die „Regeln über die Ausübung der Jagd, zum Schutz des Wildes und der Natur und zur Erhaltung und Fortentwicklung des Wildes“ (so die Definition der Grundsätze der Weidgerechtigkeit) verstößt, verfügt auch nicht über die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit. Auch nicht sanktionierte Rechtsverletzungen auf dem Gebiet des Jagdgesetzes tragen so zur Beurteilung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit bei.
Quelle: Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichtes, 7. Kammer vom 22.12.2020, Az 7 B 11/20